Vorwort

"Wo Rhetorik im klassischen Sinne des Wortes: die Kunst des Redens, abnimmt, nehmen Kriege zu.
Ein Krieg fängt an, wenn der Dialog gestorben ist.
Die Kunst der Sprache, die Rhetorik, ist vielleicht der beste Garant des Friedens.
Wir haben die Sprache auf ein Mittel, ein Instrument reduziert. Nach zwei missglückten Versuchen, die wir machen, um unsere Meinungsverschiedenheit rhetorisch zu überwinden, geben wir auf."

Raimon Panikkar, Kuratorium der FGF


Vorwort

von Uwe Morawetz, Initiator und Ehrenpräsident der Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität (FGF) e.V.

1989 inspirierte mich kurz vor dem Fall der Berliner Mauer die Begegnung mit dem Indianer Sun Bear zu der Vision der Friedensuniversität. Mit Blick über die Mauer sprach er von der Notwendigkeit eines interkulturellen und unabhängigen Forums, das jenseits aller Grenzen Menschen verschiedener Richtungen zusammenführt, um voneinander zu lernen und gemeinsam neue Wege zu gehen.
Auf Vermittlung von Petra Kelly führte mich mein Weg zu S.H. dem Dalai Lama, der mich 1992 nach Indien einlud. Er übernahm als erster die Schirmherrschaft für das Projekt der Friedensuniversität und öffnete dadurch viele Türen. 13 weitere Friedensnobelpreisträger schlossen sich dem Dalai Lama an und übernahmen gemeinsam die Schirmherrschaft.

S.H. Dalai Lama
"Frieden durch Völkerverständigung"
S.H. der Dalai Lama bei den Friedensgesprächen der FGF am 23. Oktober 1993 im Schauspielhaus, Berlin

Schnell und beinahe wie von selbst ergaben sich weitere Vernetzungen von Personen, die von der Idee einer Friedensuniversität begeistert waren und an ihre Wichtigkeit glaubten. Über Horst-Eberhard Richter lernte ich z.B. Valentin Falin, über ihn Egon Bahr und über diesen Henry Kissinger kennen, die 1993 zum ersten Mal nach dem Kalten Krieg nach Berlin kamen, um gemeinsam über die Bedeutung der Geheimdiplomatie für die Beendigung des Ost-West-Konflikts und über die zukünftigen Entwicklungen in Europa zu sprechen.

Viele weitere Begegnungen folgten, und die Kontakte zu Personen aus allen gesellschaftlichen Bereichen verdeutlichten mir, dass es nur gemeinsam möglich ist, die Idee der Friedensuniversität umzusetzen. Am meisten und oft schmerzlich fiel mir bei meinen Gesprächen auf, wie unterschiedlich die Sprachen sind, die die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen sprechen und wie schwierig es oft ist, einander zuzuhören und einander zu verstehen.

Was jedoch alle Menschen verbindet, die ich im Laufe der Jahre kennen lernen durfte, ist ihre tiefe Sehnsucht nach etwas Unaussprechbarem, das man vielleicht am besten als Frieden bezeichnen könnte. Ich habe gespürt, dass der Ausdruck dieser Sehnsucht oft durch die Fixierung der Sprache auf bestimmte Begriffe verhindert oder missverstanden wird, nicht zuletzt deshalb, weil der Begriff des Friedens von manchen Vertretern der Politik und der Religionen zum Zwecke der Macht missbraucht wurde und wird.

Aus diesem Erleben heraus ist es mein tiefer Wunsch, mit der Friedensuniversität ein Forum für eine neue Gesprächs- und Streitkultur zu schaffen, um gemeinsam neue Wege der Zusammenarbeit zu gehen. Für einen solchen Dialog, in dem etwas wirklich Neues entstehen kann, ist es wichtig, vorurteilsfrei zu sein und Menschen verschiedenster Richtungen zuzulassen. Nur wenn uns das Schwierigste gelingt - einander zuzuhören, Zwischentöne wahrzunehmen, sich für die Sichtweise anderer zu öffnen, nicht um diese zu bekämpfen, sondern um voneinander zu lernen - kann es Frieden und Verständnis füreinander geben.

weiterführende Gedanken

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